Slide
Slide
Slide
previous arrow
next arrow

Deutsch-französische Freundschaft

Auszug aus der Facharbeit von Johanna Kalvelage

Die 40er
Nach dem Kriegsende war keineswegs an eine Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich zu denken. Zwischen dem Waffenstillstand von 1945 und dem Freundschaftsvertrag (Elysée-Vertrag) aus dem Jahre 1963 liegen deshalb auch ganze 18 Jahre.
Frankreich erlangte erst mit der Jalta Konferenz im Februar 1945 den Status einer Sieger- und Besatzungsmacht und somit ein Vetorecht in allen wichtigen Fragen um Deutschland. Auch wenn Frankreich nicht an der Potsdamer Konferenz von 1945 teilnahm, stimmte es deren Beschlüssen zu. Diese waren vor allem die Entnazifizierung und die Demokratisierung Deutschlands.
Die Erinnerung an die drei vergangenen Kriege gegen Deutschland hat jedoch Angst hinterlassen, sodass die Franzosen sich Sicherheit vor den Deutschen wünschten. Um diese zu erlangen, befürworteten sie die Bildung eines föderalen deutschen Staates und die Beaufsichtigung der Stahl- und Kohleindustrie Deutschlands. (vgl.www.bpb.de, Französische Zone) Im Zuge dessen wurden Fabriken abgebaut und das Saargebiet von Frankreich annektiert und es gab heftigen Widerstand von Seiten Frankreichs, die 3 Besatzungszonen im Westen zu vereinigen.
So standen sich also zwei Nachbarn mit jeweils belastenden Erinnerungen an den anderen gegenüber: die vielen Tote auf beiden Seiten in den verschiedenen Kriegen, die Morde und schließlich die Besetzungen des eigenen Landes vom feindlichen Nachbarn.
Da Frankreich als Besatzungsmacht auch verantwortlich für das Überleben der Deutschen war, wurde schnell klar, dass es im Anliegen beider Staaten lag, Deutschland kulturell wieder aufzubauen. So wurde auf das Vermitteln französischer Werte wie Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, geachtet, um das Land zu denazifizieren. Dadurch kam es unter anderem zu einer kompletten Umstrukturierung des deutschen Schulsystems. 1948 stimmte Frankreich letztendlich einem westdeutschen parlamentarischen Rat und der Währungsreform in Deutschland zu. Dieser Rat formulierte ein Jahr später ein vorläufiges Grundgesetz für Deutschland, welche die Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Mai 1949 möglich machte.
Zwischen den Intellektuellen und Wissenschaftlern beider Länder kam es nur zu wenigen Gemeinschaftsprojekten, denn sie interessierten sich nicht für ihren Nachbarn oder lehnten ihn sogar vollkommen ab. Hatten sie doch zu oft an Widerstandsbewegungen teilgenommen und unter der jeweiligen Besatzung zu leiden gehabt. Doch immerhin gab es Minderheiten, die sich um Kontakt bemühten. In diesem Zusammenhang entstand das 1948 gegründete „comité français d’échanges avec l’Allemagne nouvelle“ ebenso wie das „CECES“, das auf Versöhnung und Austausch zwischen Deutschen und Franzosen abzielte. In Deutschland entstand passend hierzu das „Deutsch-Französische Institut“ (1949), das sich vor allem auf den Austausch und die Begegnung fokussierte. (vgl. Die sozialen und kulturellen Beziehungen Frankreichs und Deutschlands seit 1945, S.4-5)

Die 50er
Als einer der zentralen Aspekte in der deutsch-französischen Geschichte ist der so genannte „Schuman-Plan“ zu nennen. Dieser sieht vor, die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EKGS, Montanunion) zu gründen und dadurch den deutsch-französischen Teufelskreis der immer wechselnden Perioden von Krieg, Besatzung, Nationalismus und anschließender Rache durch Krieg zu durchbrechen.
Dieser Plan brachte Deutschland als gleichwertigen Partner zurück in den „Kreis der westeuropäischen Nachbarn“ (40 Jahre Elysée-Vertrag, S.3) und stellte ebenso den Grundstein für die Europäische Gemeinschaft dar.
Trotz dieser Annäherungen wurde die Europäische Verteidigungsgemeinschaft nicht realisiert, da den Franzosen diese Angelegenheit und in diesem Sinne die Übertragung so wichtiger Souveränitätsbereiche zu heikel war.
Mit dem Deutschlandvertrag aus dem Jahre 1952 kamen Deutschland die Rechte eines souveränen Staates zu. Er kennzeichnet auch das Ende des Besatzungsstatus in Deutschland.
Zu weiterführenden Annäherungen kam es anschließend durch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, die Europäische Atomgemeinschaft und die Wiedereingliederung des Saarlandes an Deutschland.(vgl. GwLk, La France, S.100-101)
Kennzeichnend für die 50er Jahre war jedoch auch, dass alle Friedensbemühungen ausschließlich von Seiten der Regierungen kamen. Die beiden Völker trauten einander noch nicht, wie Meinungsumfragen belegen, denn sie hatten sich durch die Kriege und unterschiedlichen Erfahrungen zu weit voneinander abgegrenzt. Daher gab es aus der Gesellschaft heraus nur sehr wenige Bemühungen, sich dem Nachbarn anzunähern. (vgl. www.bpb.de, Die sozialen und kulturellen Beziehungen…, S.5)

Die 60er
Die 60er Jahre stehen im Zeichen der Aussöhnung. Hauptverantwortlich dafür sind die Regierungschefs beider Länder Adenauer und de Gaulle, welche durch eine hervorragende Beziehung zueinander glänzten. Diese freundschaftliche Beziehung gipfelte im „Traité de l’Elysée“ oder auch „Elysée-Vertrag“. (vgl. www.bpb.de, 40 Jahre Elysée-Vertrag) Der Vertrag war ausschlaggebend für eine dauerhafte freundschaftliche Verbindung zwischen
Frankreich und Deutschland und das Misstrauen und der Wunsch nach Revanche schienen
überwunden.. Zentrale Punkte des Vertrages betrafen unter anderem die Außen- und Verteidigungspolitik der beiden Nationen, die von nun an miteinander abgesprochen werden sollten, sowie die Jugend- und Bildungsarbeit. Dieser Vertrag ist auch die Grundlage, auf der das „Deutsch-französische Jugendwerk“ 1963 entstehen konnte. Die Ziele dieses Programms beruhten hauptsächlich auf der Verständigung und Annäherung der Jugendlichen Deutschlands und Frankreichs, und es bot aufgrund dessen zum Beispiel Möglichkeiten zu Schüler- oder auch Universitätsaustauschen an. Durch das Jungendwerk kam es schließlich auch zu den vielen Städtepartnerschaften zwischen Deutschland und Frankreich, die bis heute erhalten sind. (vgl. GwLk, La France, S.102) Ein Beispiel hierfür ist die Partnerschaft Cloppenburgs mit Bernay.
Unter dem neuen deutschen Kanzler Ludwig Erhard, der im Herbst 1963 die Nachfolge Adenauers antrat, kühlte das so gute deutsch-französische Verhältnis wieder ab. Er war mehr an den USA und ihren Plänen interessiert als sein Vorgänger. * Auch mit den beiden Kanzlern Kurt-Georg Kiesinger (1966-1969) sowie Willy Brandt (1969-1974) änderte sich trotz erneuter Bemühungen nicht viel an dieser Situation.** Seit 1969 richtete sich außerdem das Augenmerk der Bundesrepublik eher auf die Ostnachbarn.

Die 70er
Die Kooperation zwischen Deutschland und Frankreich gründet in dieser Zeit mehr auf der Bevölkerung als auf den Regierungen, die diese Kooperation jedoch zusätzlich stützten. So war diese Zeit kennzeichnend für Freundschaft und Zusammenarbeit in der Bevölkerung. (vgl. www.bpb.de, Die sozialen und kulturellen Beziehungen… S.9)
Durch die Konzentration der BRD auf die DDR und den Osten geriet Frankreich ein wenig aus dem Blickfeld. Dies bewirkte, dass Frankreich sich wieder mehr auf den Westen konzentrierte und so zum Beispiel England den Eintritt in die Wirtschaftsgemeinschaft ermöglichte. Trotz Misstrauen unterstützte Frankreich aber den Grundlagenvertrag zwischen West- und Ostdeutschland und erkannte 1973 die DDR diplomatisch an. (vgl. www.deuframat.de)Mit dem neuen Präsidenten Giscard d’Estaing(1974-81) lebte die Beziehung der beiden Staaten aufgrund des freundschaftlichen Verhältnisses der beiden Staatsoberhäupter auf. Ihr politischer Schwerpunkt lag auf der Währungs- und Wirtschafts- politik in der EU, wobei d’Estaing schließlich noch Projektvorschläge zur Verbesserung des
Unterrichts der jeweiligen Nachbarsprache vorlegte.(vgl. GwLk, La France, S. 102, 103)

Die 80er
Die Freundschaft der beiden Staaten lässt auch in dieser Epoche nicht nach.
Nach einer Sorgenphase beider Seiten unterzeichneten schließlich der französische Premier Mitterrand und der deutsche Kanzler Kohl Verträge zur Zusammenarbeit in der Sicherheitspolitik. Einen weiteren Höhepunkt in der deutsch-französischen Entwicklung stellt der symbolische Händedruck der beiden Staatsmänner 1984 in Verdun dar. Hier bestätigen sie, dass die beiden Länder nun gelernt haben, sich zu verstehen und Freunde geworden sind.

1988 entstand zum 25jährigen Jubiläum des Elysée-Vertrages ein Zusatzprotokoll, welches die Gründung des Deutsch-Französischen Verteidigungs- und Sicherheitsrates vorsieht. Daraufhin entstand auch die französisch-deutsche Brigade.

Der Mauerfall und die deutsche Wiedervereinigung wurden zwar von der Mehrheit der Franzosen gutgeheißen und auch Mitterand erklärte, dass er die Wiedervereinigung begrüße, doch gab es trotzdem Ängste. Man fürchtete einen zu großen Machtgewinn Deutschlands und sogar die Entstehung des 4.Reiches. (vgl. GwLk, La France, S. 103-105)

Die 90er
Diese Ängste sollten jedoch nicht lange bestehen, denn beide Partner hielten an der engen Kooperation fest, sodass es schließlich zu den Verträgen von Maastricht kam, die eine gemeinsame europäische Währung beschlossen. Nun lagen Deutschlands Interessen in einer Erweiterung der EU nach Osten, während Frankreich sich eine „institutionelle Vertiefung“ (www.bpb.de, 40 Jahre Elysée-Vertrag, S. 8) wünschte, welche einen Machtgewinn Deutschlands ausschließen würde. Man warnte davor, dass das deutsch-französische Duo auseinanderfallen könnte. Dieser Absturz konnte also nur vermieden werden, indem Deutschland und Frankreich zusammen die richtungweisenden Mächte in Europa blieben.

ab 2000
So kam es zum Vertrag von Nizza(11.12.2000), der die Sitze im EU-Ministerrat neu ordnet und eine qualifizierende Mehrheit anstatt des Einstimmigkeitsprinzips in vielen Bereichen zulässt. Heftiger Streit entbrannte, bei dem Frankreich sich letztendlich durchsetzte: Deutschland wurde keine Mehrgewichtung im Rat, die es aufgrund seiner Einwohnerzahl forderte, zugeschrieben. (vgl. www.bpb.de , 40 Jahre Elysée-Vertrag, S. 8-9) Diese Verschlechterung der Beziehungen, die auch durch Schröder und Chirac nicht aufgebessert wurde, wurde im Scheitern der Europäischen Verfassung im Jahr 2000 deutlich. Von nun an beschlossen Die Staatsmänner und auch die Staaten ihr Verhältnis zu verbessern und aus der Krise zu führen.
Dieser Versuch trägt seine Früchte in der Ablehnung des Irakkrieges 2002/2003, bei der Frankreich und Deutschland wieder Hand in Hand zusammenarbeiten. (vgl. www.deuframat.de)

Der absolute Wendepunkt in der deutsch-französischen Geschichte ist also der Elysée-Vertrag, der eine solche Annäherung der beiden Staaten überhaupt erst möglich gemacht hat. Durch die anschließenden Veränderungen beider Gesellschaften hin zu mehr Ähnlichkeit konnte auch erst die Europäische Union entstehen. Sie ist also ein Verdienst dieser beiden Länder, in welcher sich die bilateralen Beziehungen immer mehr verflechten. (vgl. www.bpb.de , Die sozialen und kulturellen Beziehungen…, S. 11)

Materialien/Literaturverzeichnis

Printmedien:
- Grundwissen Landeskunde, La France, Klett Verlag (S.97-104)
- Histoire/Geschichte Europe et le monde depuis 1945, Klett Verlag (S. 294-306)
Onlinequellen:
- http://www.bpb.de/themen/TUT5WQ.html: Französische Zone
- http://www.bpb.de/publikationen/GKB4PY.html: Die sozialen und kulturellen Beziehungen Frankreichs und Deutschlands seit 1945
- http://fr.wikipedia.org/wiki/Bois-Colombes
- http://www.bpb.de/publikationen/WHKXX3.html:40 Jahre Elysée-Vertrag: Hat das deutsch-französische Tandem noch eine Zukunft?
- http://www.deuframat.de  *Konflikte Krieg&Aussöhnung  1945-2000  de Gaulle bzw. Mitterrand