Eröffnung der Ausstellung „Die Kinder von Auschwitz“

2017 11 Meyer1Bis heute habe er keinen Begriff dafür, dass unsere Vorfahren dazu fähig gewesen seien, Babys und Kinder in ein solches Lager einzusperren, man möchte vor Scham „im Boden versinken“- so äußerte sich Alwin Meyer zu Beginn des Vortrages anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Kinder von Auschwitz“ am CAG. Trotz dieser Sprachlosigkeit gelang es dem Journalisten, Autor und Filmemacher in außerordentlicher Weise, den Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe zehn bis zwölf in der voll besetzten Aula des Clemens-August-Gymnasiums am Montag, 27.11.2017 eine konkrete Vorstellung davon zu geben, was Auschwitz für Minderjährige bedeutete.

Die überlebenden Kinder hatten jahrelang keine große Öffentlichkeit, dabei hatten gerade diese die Vorstufen des Todes besser kennen gelernt als das Leben – so Meyer. Was es bedeutete, in Auschwitz dem tagtäglich lauernden Tod zu entgehen, machte der Vortrag deutlich. Nach einer Einführung über statistische Daten, die das Ausmaß des Sterbens verdeutlichten – zwischen 1942 bis 1944 waren schätzungsweise 232.000 Kinder in das Konzentrationslager verschleppt worden, von denen nur 650 im Zuge des 27. Januar 1945 befreit werden konnten, legte Meyer den Fokus auf die Erinnerungen der einzelnen Menschen. Der Referent hat über Jahrzehnte Gespräche mit 80 „Kindern“ weltweit geführt und gestaltete auf dieser Grundlage die Ausstellung. In der Aula ist es trotz der 270 Schüler und Lehrer still – niemand räuspert sich, als Meyer von den Erinnerungen der Kinder erzählte. „Damals hörte meine Kindheit auf. Ich war noch keine acht Jahr alt.“ – dieser Satz von Jürgen Löwenstein leitete für das ergriffene Publikum die Schilderungen des Einmarsches der Deutschen, der Transporte in das Lager, der Selektionen an der Rampe in Auschwitz, der Apelle, der pseudomedizinischen Experimente an Zwillingen und des Alltags in Auschwitz Birkenau ein. Das Leben im Konzentrationslager sei „undurchschaubar“, nichts sei „berechenbar“ für die jungen Menschen gewesen. Der Referent zeigte auf, wie die Realität in den Baracken aussah, wie die Kinder hungerten, froren und in ständiger Angst lebten.

2017 11 Meyer4Der „Tag der Befreiung“ ist für die Kinder jedoch nicht das Ende ihres Leidens. Meyer machte deutlich, dass Auschwitz die Opfer ihr Leben lang nicht loslässt. Auch wenn die physische Gesundung gelungen sei, so begleitet Auschwitz die Überlebenden: Der zumeist harsche Empfang in der vormaligen Heimat verwirkt die Hoffnung, an das alte Leben anknüpfeFron zu können. Der Verlust der Angehörigen und das Gefühl der eigenen Schuld, überlebt zu haben, lässt viele für immer verstummen. Die eigene Identität nicht zu kennen, da man zu klein gewesen war, um sich an die Eltern zu erinnern, stellt eine große Herausforderung an einen „normalen“ Lebensentwurf dar. Die Suche nach ihren Eltern lässt die mittlerweile zu Senioren gewordenen Kinder nicht los. Und wenn das Schicksal die von Adoptivfamilien aufgezogenen Kinder mit ihren leiblichen Eltern wieder zusammenführte – so fehlt doch das vom Publikum erhoffte „glückliche Ende“: die Frage, wer denn nun die wirklichen Eltern seien, verursacht weiteren Kummer. „Der Schmerz ist immer da“, die Erinnerungen bleiben und werden durch die ungewöhnlichsten Begegnungen, Gerüche, Situationen freigelegt.

2017 11 Meyer 3Die Schulleiterin Frau Ovelgönne-Jansen wies bereits in der Begrüßung des Referenten darauf hin, wie wichtig es sei, dass Herr Meyer es den Schülern ermögliche, das Wissen aus dem Unterricht und aus Büchern um diese wertvollen Perspektiven zu erweitern. Die Fachschaft Geschichte dankte Alwin Meyer, dem es gelungen sei, den Opfern einfühlsam eine Plattform zu bieten, damit die heutige Generation die Möglichkeit habe, zu erfahren, welche Auswirkungen das Leben in Auschwitz für die Menschen hatte. Aus erster Hand durften Schüler des Jahrgangs elf – ebenfalls auch auf Vermittlung des Autors – bereits im September mit einer Zeitzeugin Frau Dr. Lieblóva aus Prag sprechen. Das Zeitzeugengespräch wurde von der Video-AG unter Leitung von Christian Eckhardt aufgezeichnet und ist auf Youtube abrufbar.

Die in vielen Städten bereits gezeigte Ausstellung über die „Kinder von Auschwitz“ wurde von der Volkshochschule in Stapelfeld und zahlreichen Förderern in das Oldenburger Münsterland geholt. Sie ist für die Schüler der Cloppenburger Schulen – nach Anmeldung über das Sekretariat – noch in der Zeit bis zum 13.12.2017 geöffnet.

Für weitere Interessierte ist die Ausstellung in der Mensa des Clemens-August-Gymnasiums am Donnerstag, den 14.12.2017, in der Zeit von 8.00 Uhr bis 16.30 Uhr zu sehen.

Bericht: Lore Lübbers, Fachobfrau Geschichte am CAG