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Der etwas andere Stadtplan

„Unsere Sprache kann man ansehen als eine alte Stadt: Ein Gewinkel von Gässchen und Plätzen, alten und neuen Häusern mit Zubauten aus verschiedenen Zeiten: und dies umgeben von einer Menge Vororte mit geraden und regelmäßigen Straßen und mit einförmigen Häusern.“

2019 02 StadtDieses Zitat von Ludwig Wittgenstein bot die Grundlage für die Aufgabenstellung, die der Deutschleistungskurs des Jahrgangs 12 am Clemens-August-Gymnasium unter der Leitung von Frau Thielscher gestellt bekommen hatte. Sieben Wochen hatte der Deutschleistungskurs Zeit, einen Stadtplan zum Thema Reflexion von Sprache und Sprachgebrauch zu erstellen. Dabei war es den 16 Schülerinnen und dem Schüler freigestellt, ob sie zu zweit oder alleine arbeiten und für welches gestalterische Mittel sie sich am Ende entscheiden.

Am 20. Dezember 2018 wurden die Pläne kursintern vorgestellt und lösten große Begeisterung von allen Seiten aus. Neben klassischen Plakaten wurden liebevolle 3-dimensionale Modelle kreiert und detaillierte Stadtrundgänge verfasst. Eine enorme künstlerische Vielfalt wurde präsentiert, wobei deutlich wurde, dass sich jeder einzelne viele Gedanken gemacht hatte, bis das richtige Symbol, das richtige Gebäude oder der richtige Straßenname für die vielen einzelnen Aspekte der Sprache schließlich feststanden.

Am 22. Februar 2019 machte sich schließlich in Teil des Deutschleistungskurses auf dem Weg zum St. Andreas Kindergarten, um dort seine Stadtpläne vor einem Publikum, bestehend auf Fachleuten im Bereich Sprache, zu präsentieren. Anfangs zeigten sich die jungen Erwachsenen etwas schüchtern, da sie es nicht gewohnt waren, ihre Projekte auch außerhalb des Unterrichts vorzuführen. Als die Nervosität abgeklungen war, zeigten sich alle geschmeichelt und empfanden eine Art Belohnung für ihre Arbeit, da ihre Arbeiten gewürdigt wurden und nicht in einer dunklen Ecke verschwanden. Nachdem in die Aufgabenstellung mithilfe des Zitats von Wittgenstein eingeleitet wurde, ging es los. Die ersten Pläne wurden exponiert und es wurde schnell klar: Es gab keinen Grund zur Sorge und Aufregung. Die Stimmung war keinesfalls angespannt, es wurde gelacht, applaudiert und viel Lob ausgesprochen. Die Begeisterung stellte sich insbesondere in der Enttäuschung heraus, als das letzte Exponat vorgestellt wurde. Die Anwesenden hätten noch zu gern weitere Vorträge gehört. Anschließend konnte die Hörerschaft die Gelegenheit ergreifen, persönlich mit den Gymnasiasten im Einzelnen zu sprechen. Dabei wurden Diskussionen ausgelöst, in denen deutlich wurde, dass bei einzelnen Werken, die sehr kunstvoll gestaltet wurden, eine Erklärung sehr hilfreich gewesen war, um den Gedankengang genau nachvollziehen zu können. Währenddessen meldete sich eine potentielle Abnehmerin für die Exponate und machte deutlich, dass die ausgestellten Exponate in ihre regelmäßig stattfindende Ausstellung mit Freude aufgenommen werden könnten. Zum Abschied und als Dankeschön bekam jeder anwesende Schüler und jede anwesende Schülerin ein liebevoll durchdachtes, kleines Präsent. Die rosa gefärbten Wangen und das breite Lächeln auf den Gesichtern zeigten am besten, wie geschmeichelt und stolz die jungen Erwachsenen waren.

Aufgrund des regen Interesses wurde am Abend des 11. März 2019 eine weitere Fachsitzung zum Thema „Sprache“ veranstaltet, an der nochmals Schülerinnen ihre Sprachstädte vorstellten. Rückblickend würden die meisten solch eine kreative Langzeitaufgabe ein zweites Mal machen wollen, auch wenn einige sich anfangs skeptisch zeigten. Die Kursleiterin Frau Thielscher zieht ein durchweg positives Fazit und kann es sich gut vorstellen, auch zukünftig eine Aufgabe in dieser Form in anderen Kursen einzubeziehen. Insgesamt war es folglich eine sehr positive Erfahrung für alle Beteiligten: Vor allem in Bezug auf die Ausstellung zeigte sich, dass die Arbeit der Kursmitglieder gewürdigt und belohnt wurde, was vereinzelte Zweifel gegenüber den eigenen künstlerischen Fähigkeiten beseitigte und das Selbstvertrauen in jeden Fall stärkte.

Michelle Schulz, 12. Jg. , CAG