Zeitzeugin gibt Einblick in ihr Leben und zieht Fazit

„Bildung einziges unvergängliches Gut“

Ein intensives Zeitzeugengespräch erlebte der Prüfungskurs Geschichte 11 Lb zum Abschluss des Kursthemas „Flucht und Vertreibung im Umfeld des Zweiten Weltkrieges“.

Am Donnerstag, den 26.Mai 2016, machte sich die 76jährige Großmutter einer Schülerin des Kurses auf den Weg von Hannover nach Cloppenburg, um den Mitschülern der Enkelin in einem eindrucksvollen Vortrag ihre frühen Kinderjahre in Schlesien, die Flucht und die Integration der Familie im Schaumburger Land zu schildern.

Die Schüler waren beeindruckt von dieser sehr persönlichen Darstellung, die ergänzend zum Wissen, das sie sich zuvor im Unterricht angeeignet hatten, einen sehr authentischen Zugang zur Geschichtskultur bot.

Die behütete Kindheit von Elisabeth Pfeifer im heutigen Slawa (Polen) am Schlesiersee in einem „beschaulichen“ Ort nahe der Kreisstadt Glogau mit vielen Verwandten, dem Kolonialwarenladen des Vaters, dem Porzellangeschäft der Großeltern am Marktplatz und den sonntäglichen Badevergnügungen endete laut Aussage von Frau Pfeifer jäh am 21. Januar 1945 durch die angeordnete Evakuierung Richtung Westen. Die folgenden Strapazen der Flucht, die die hochschwangere Mutter ohne den Vater mit der kleinen Elisabeth auf sich genommen habe, zunächst im Wehrmachtszug, führten vorläufig nur bis zur Kreisstadt Glogau zu Verwandten. Aber auch hier sei direkt nach der Ankunft evakuiert worden, so dass das Familienvermögen, das sich im Transportmittel Kinderwagen als zu sperrig erweist, habe zurückgelassen werden müssen, und es verschlägt die Familie über Cottbus, Neustrelitz in Richtung Lübeck.

Die Schilderungen sind dabei so persönlich und lebendig, dass es Schülern und Kursleiterin sehr nahe geht: die Bedrohung durch Bombennächte, die Überfälle auf die Züge durch russische Soldaten, der Verlust aller persönlichen Habe aufgehoben in einer Handtasche, die Geburt der kleinen Schwester, die Trennung von den Verwandten und der letzte Kontakt zur Großmutter, aber auch die Aufnahme durch freundliche Menschen, das Wiederfinden der mittlerweile dreiköpfigen Familie durch den Vater, die unerwünschte Einquartierung in Rusbend und die langsame „Integration“ in der Bückeburger Gesellschaft.
Nach dem Vortrag wurden viele Fragen gestellt, die, mit viel Offenheit und Freundlichkeit beantwortet, noch viele weitere Aspekte einer so besonderen Biografie vertiefen konnten.

Auch das Fazit aus den Lebenserfahrungen der pensionierten Lehrerin, dass man selbst sehen müsse, dass man etwas aus sich mache, und die Erkenntnis ihres Vaters, dass „Bildung das Einzige sei, was man den Kindern mitgeben könne“, da alle anderen Güter sich als wenig dauerhaft herausstellen könnten, wirkten durch die Einblicke in ihre Lebensgeschichte absolut plausibel für die Kursteilnehmer.

Ein großer Dank gebührt für die außergewöhnliche Geschichtsstunde Frau Elisabeth Pfeifer.

L. Lübbers für den Kurs 11 Lb